Zwölf Lieder für Singstimme und „Harmoniale“
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Die Zwölf Lieder für Singstimme und „Harmoniale“ KV 662 basieren auf Texten aus Christian Fürchtegott Gellerts Geistlichen Oden und Liedern, sind aber nicht vollständig erhalten geblieben. Gellerts Liedtexte wurden seit ihrem ersten Erscheinen im Jahr 1757 häufig vertont. In einem Brief vom 4. August 1799 bot Mozarts Schwester Maria Anna dem Verleger Breitkopf & Härtel mehrere Lieder ihres Bruders an; die zugehörigen Incipits sind aus dem handschriftlichen Mozart-Katalog der Firma bekannt. Sechs „Mozart“ zugeschriebene Gellert-Lieder wurden 1801 bei Löschenkohl in Wien verlegt, aber nur drei davon finden sich auch im Breitkopf-Katalog. Welches Instrument Maria Anna Mozart mit dem Namen „Harmoniale“ meinte, bleibt unklar; der sehr begrenzte Umfang von gerade einmal zwei Oktaven könnte auf die Glasharmonika hinweisen, die Wolfgang und Leopold Mozart während ihres Aufenthalts in Wien im Sommer und Herbst 1773 kennenlernten.
Die römisch-katholische Liturgie erforderte über das Ordinarium der Messe hinaus eine Vielzahl von Vertonungen. Während die Messe einen standardisierten Text hat, wurden die Texte der kleineren Kirchenwerke nach den Lesungen für die jeweiligen Sonn- oder Feiertage ausgewählt. Einige dieser Texte waren biblische oder zumindest traditionelle geistliche Dichtungen, meist in lateinischer Sprache, andere wurden für diese Anlässe neu geschaffen. Mozarts kleinere Kirchenwerke entstanden mit wenigen Ausnahmen in Salzburg, einige wurden auf Reisen komponiert. Die Werke gehören unterschiedlichen Traditionen an und weisen daher eine große Vielfalt auf. Marianische Antiphonen beispielsweise sind an die Gottesmutter gerichtete Gesänge, die verschiedenen Zeiten des Kirchenjahrs zugewiesen sind. In Salzburg dürften Marianische Antiphonen eher in besonderen Andachten der Stundengebete als in Vespergottesdiensten erklungen sein.